Aufgrund der niedrigen Zinsen und hoher Kosten raten Verbraucherschützer vom Neuabschluss klassischer Lebens- und Rentenversicherung ab, wie in der am 07.06.2017 aktualisierten Ausgabe des gemeinnützigen Online Verbrauchermagazins Finanztip dargelegt wurde.
Auch der Bund der Versicherten sieht die private Rentenversicherung sehr skeptisch: "Die Rendite ist in aller Regel schlecht und in der Höhe kaum nachvollziehbar." Da nicht die gesamte Prämie in den Spartopf wandert, liegt die garantierte Verzinsung bezogen auf den Gesamtbeitrag unter 0,9%. Dazu kommen geringe Flexibilität während der Ansparphase und stetig sinkende Überschussbeteiligungen. Beim Bund der Versicherten handelt es sich um eine Organisation, die vollkommen unabhängig für die Rechte der Versichterten eintritt.
Niedrige Zinsen
Da die Finanzaufsicht deutschen Versicherungsgesellschaften strenge Vorschriften macht, wird hierzulande der Großteil der Beiträge der Versicherten in Staatsanleihen angelegt und ab dem 1. Januar 2017 dürfen die Versicherungen ihren Kunden nur noch 0,9% Garantiezins versprechen. Dieser Zins gilt aber nicht für den gesamten Beitrag, sondern nur für den Sparanteil, nachdem vom Beitrag die Abschlussprovision sowie Kosten für Verwaltung und Todesfallleistung abgezogen worden sind.
Eine etwas günstigere Alternative sind sogenannte Netto-Rentenversicherungen, bei denen Abschlussgebühren wegfallen. Diese Versicherungen werden ausschließlich über Honorarberater vertrieben.
Der Sparanteil von Lebens- und Rentenversicherungen liegt bei ca. 85% der Beiträge. Durch die hohen Kosten bleiben bei der klassischen Rentenversicherung laut Finanztip im Durchschnitt nur 0,1% Rendite übrig. Einige Gesellschaften schaffen es nicht die eingezahlten Beiträge zu erhalten.
Die Überschussbeteiligung, abhängig vom Wirtschaften der Versicherungen wird zusätzlich zum Garantiezins ausgezahlt. Sie ist stark rückläufig. Die laufende Verzinsung (Garantiezins + Überschussbeteiligung) für private Rentenversicherungen liegt laut Assekurata im Schnitt bei 2,61%. Bei Abschluss vor zehn Jahren lag diese Verzinsung deutlich höher, bei über 4%.
Aufgrund der aktuell niedrigen Zinsen und der Aussicht, dass diese Phase in Europa bis über 2019 hinaus anhält, müssen die Versicherer für Altverträge mit hohen Garantie-verzinsungen Rücklagen bilden. Dafür hat der Gesetzgeber den Versicherungen die sogenannte Zinszusatzreserve auferlegt. Da 2017 bereits Verträge mit einem Garantiezins von 2,8 % aus der Zinszusatzreserve bezuschusst werden müssen, schmälern die Kosten der Zinszusatzreserve die Überschussbeteiligung der Neuverträge.
Da die Überschussbeteiligungen aufgrund niedriger Zinsen weiter sinken werden, bleibt der Neuabschluss von Kapitallebens- und Rentenversicherungen unattraktiv. Einige Gesellschaften wie die Allianz werden 2018 den gleichen Zinssatz wie 2017 (2,8%) erwirtschaften. Andere haben Absenkungen der Zinsen um 0,2 - 0,4% angekündigt und deren Überschüsse fallen im Extremfall auf weniger als 2%, wie im Fall der Gothaer Lebensversicherung.
Fortführung, Beitragsfreistellung, Kündigung oder Widerrufen
Die Entwicklung der Kosten und Erträge ihrer Kapitallebens- und Rentenversicherungen werden im Seminar analysiert, um Entscheidungshilfen für die Fortführung, Beitragsfreistellung, Kündigung oder das Widerrufen des Vertrags zu generieren.
Wenn die Police aus der Zeit von Juli 1994 bis Dezember 2007 stammt, kann der Vertrag eine fehlerhafte Widerspruchsbelehrung enthalten oder diese fehlt ganz. Dann kann man dem alten Vertrag auch heute noch widersprechen und eine Rückabwicklung des Vertrags ist möglich, wie Andreas Toller in der Wirtschaftswoche vom 23.08.2016 ausführt. Bei einem erfolgreichen Widerspruch erhält der Versicherte neben den eingezahlten Sparbeiträge und den Abschluss- und Verwaltungskosten eine Verzinsung des Sparanteils, die sich an der Eigenkapitalrendite des Versicherers orientiert.
Oft lohnt es sich alte Verträge zu behalten, da diesen Verträgen ein - aus heutiger Sicht - attraktiver Garantiezins zugrunde lag. Im Vergleich zum aktuellen Garantiezins von 0,9% betrug der höchste, jemals garantierte Zins 4%. Dieser Zins galt bei Vertragsabschluss zwischen den Jahren 1994 und 2000.
Eine weitere Rolle für die Höhe der Erträge spielt die Anlagestrategie der Versicherung. Deutsche Versicherungen investieren überwiegend in Anleihen, deren Erträge in den letzten Jahren stetig gesunken sind. Ausländische Gesellschaften, wie z.B. die Standard Life aus England, unterliegen anderen Regularien und können stärker in Aktien investieren. Hieraus ergeben sich höhere Risiken und etwas bessere Gewinnaussichten.
Eine Alternative zu privaten Rentenversicherungen, einschließlich der Riester- und Rürup-geförderten Varianten, wäre eine breite Teilhabe der Bevölkerung an staatlich organisierten Fonds, wie der Norwegische Staatsfond oder der AP7 Rentenfond in Schweden.
Bei uns wurde von der schwarz-grünen hessischen Landesregierung die "Deutschlandrente" vorgeschlagen. Jeder, der nicht über eine ausreichende betriebliche Altersversorgung verfügt und nicht aktiv widerspricht, soll in eine private Altersvorsorge einbezogen werden (opt-out Modell). Dabei soll er selbst ein Anlageprodukt aus einer Liste staatlich lizensierter Produkte wählen, die bestimmte Mindestvoraussetzungen erfüllen, wie das Handelsblatt vom 22.03.2018 berichtet. Neu beim Zukunftsmodell „Deutschlandrente“ ist ein staatlich organisiertes Standardprodukt, welches auf Selbstkostenbasis operiert, die Anlagegelder dauerhaft vor dem Zugriff durch den Staat schützt und ohne Garantien auf Kapitalerhalt auskommt. Dadurch sind ein höheres Anlagerisiko (durch Aktien) und bessere Renditen möglich. Zusätzlich würde Konkurrenz zu den bestehenden Riester- und Rürup-Produkten der Versicherungswirtschaft entstehen. Befürworter des Modells wie Kai Whittaker, ein Vertreter der jungen Generation in der Union und Mitglied im Ausschuss Arbeit und Soziales im Bundestag argumentieren: "Die Deutschlandrente könnte dazu führen, dass die Deutschen ihren Frieden mit der Aktie machen. Es wäre die einfachste Möglichkeit, viele Menschen am Kapital zu beteiligen, besonders auch Geringverdiener.“
Eine ähnliche Idee verfolgt das schwedische Renten-modell. Hier gibt es neben der umlagefinanzierten Rente eine obligatorische kapitalbasierte Altersvorsorge (siehe Forschungsbericht vom BMAS). Diese basiert auf staatlich zugelassenen privaten Fonds zur Auswahl und dem Staatsfond AP7, der zunehmend an Bedeutung gewinnt.
Bis zum 55. Lebensjahr werden im AP7 die Beiträge zu 100% in Aktien angelegt. Danach sinkt der Aktienanteil pro Lebensjahr um 3% und verbleibt ab dem 75. Lebensjahr bei 33%.
Bei dem Non-Profit-Anlageprodukt AP7 fallen weder Provisionen noch Vertriebskosten an und die Verwaltung ist schlank. Durch den zusätzlichen Verzicht auf teure Garantien für den Kapitalerhalt, wie bei deutschen Riester- und Rürupprodukten, hat der AP7 sehr niedrige jährliche Kosten. Im Aktienfondssegment liegen diese bei jährlich 0,11% und im Rentensegment bei 0,04% des Fondsvermögens. Typische Fonds der privaten Wirtschaft kommen auf durchschnittlich 2% Kosten. Im Ergebnis erzielte der AP7 Staatsfonds seit Einführung im Jahr 2000 eine um 120 Prozent höhere Anlagerendite als vergleichbare private Angebote (Stand 31.05.2018, Deutsches Institut für Altersvorsorge).
Dazu kommt eine hohe Transparenz des schwedischen Rentensystems. Auf einem Online-Rentenkonto können die Schweden den aktuellen Stand ihrer Altersvorsorge abrufen und Informationen über alle drei Säulen des schwedischen Rentensystems kostenfrei erfahren.
Basierend auf dem erfolgreichen schwedischen Rentenmodell empfielt die Schule für Finanzen und Vermögen bei der Planung der Altersvorsorge:
- Transparenz über bereits erworbene Rentenansprüche herstellen.
- Absicherung des Mindestkonsums über lebenslange Rentenzahlung, z.B. durch gesetzliche Rente. Wenn notwendig ergänzt durch private Renten und/oder Wohneigentum.
- Sach- und altersgerechtes Sparen von Geld und Investition in Renten/Anleihen. Jedoch auf das Notwendige reduziert, um im Niedrigzinsumfeld Rendite- und Kaufkraftverluste zu minimieren.
- Lebenslange Vermögensbildung über Aktien mithilfe kostengünstiger Fondprodukte oder durch Direkt-investionen in ausgewählte Aktien.