Schule für Finanzen und Vermögen
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Nachgebesserte Mietpreisbremse zum 01.01.2019

Ab dem 01.01.2019 soll in angespannten Wohnungsmärkten eine nachgebesserte Mietpreisbremse gelten. Neu ist, dass der Vermieter den Mieter vor Vertragsabschluss informieren muss, warum er eine Miete verlangt, die um mehr als zehn Prozent die ortsübliche Miete übersteigt. Die ortsübliche Miete lässt sich anhand eines qualifizierten Mietspiegel gemäß § 558 d BGB feststellen. Der Vermieter muss die Miethöhe des Vormieters offenlegen, und zwar den Stand von einem Jahr vor Beendigung des vorigen Mietverhältnisses. Wenn Vermieter Ausnahmen von der Mietpreisbremse anwenden wollen, sind sie verpflichtet, unaufgefordert über diese Umstände Auskunft zu erteilen.  

 

Der qualifizierte Mietspiegel der Stadt Heidelberg erscheint alle zwei Jahre und die derzeitige Version ist ab dem 01.10.2017 gültig.

 

Weiterhin werden Einsprüche gegen zu hohe Mieten für die Mieter vereinfacht. Bei Verletzung der Mietpreisbremse soll eine einfache Rüge ausreichen, also ohne Begründung. Dazu schreibt die Wirtschaftswoche in einem Artikel vom 29.11.2018. Dazu soll ein einfaches Schreiben, etwa mit dem Satz „Ich rüge die Verletzung der Mietpreisbremse“ zunächst genügen. Mieter sollten aber keinesfalls ohne rechtlichen Beistand die Miete kürzen, da ihnen sonst wegen nichtgezahlter Miete die Kündigung droht. Besser ist eine Rüge verbunden mit Mietzahlungen unter dem Vorbehalt einer Rückforderung.

 

Nach wie vor sind Neubauten und umfassend modernisierte Wohnungen von der Mietpreisbremse ausgenommen, um zu gewährleisten, dass Investoren neuen Wohnraum schaffen. Als Neubau gelten Wohnungen und Wohnhäuser, die erstmals nach dem 1. Oktober 2014 genutzt und vermietet werden. Eine Modernisierung ist dann umfassend, wenn die Kosten mindestens einem Drittel dessen entsprechen, was ein Neubau gekostet hätte und die modernisierte Wohnung mit einer Neubauwohnung vergleichbar ist.    

 

Um Mieterhöhungen durch umfangreiche Modernisierungen zu begrenzen, wird die Umlage der Modernisierungskosten zum 01.01.2019 begrenzt. Die Sanierung von begehrten Altbauten führte bisher schnell zu Mieterhöhungen >100%, was häufig dazu führte, dass langjährige Mieter aus ihren angestammten Quatieren verdrängt wurden. Anstelle von bisher 11% der Modernisierungskosten auf die Jahresmiete aufzuschlagen, dürfen bundesweit zukünftig nur noch 8% aufgeschlagen werden.

 

Da diese Umlage immer noch sehr hoch ausfallen kann, greift eine zusätzliche Obergrenze. Zum Beispiel bei 50.000 € Kosten für die Modernisierung einer 100 qm großen Wohnung betragen die umlegbaren Kosten 3,33 €/qm, bei Umlage von 8% Modernisierungskosten auf die Jahresmiete. Durch die Obergrenze wird die Mieterhöhungen nach Modernisierung auf 3 €/qm innerhalb von sechs Jahren begrenzt. Bei geringen Nettokaltmieten - weniger als 7 €/qm - ist die Mieterhöhung auf 2 €/qm innerhalb von sechs Jahren begrenzt, was Mieter in preiswerten Wohnungen zusätzlich schützen soll.

 

Auch in der nachgebesserten Form bleibt die Mietpreisbremse umstritten. Das Meinungsspekrum geht von kompletter Abschaffung wie z.B. bei der FDP. Diese Partei fordert die Schaffung von ausreichenden Wohnraum durch weniger Bürokratie und Senkung der Baukosten, wie die Deutsche Handwerks Zeitung vom 30.11.18 schreibt. Marco Buschmann im Gastkommentar im Handelsblatt vom 02.12.2018 argumentiert, dass die Mietpreisbremse das eigentliche Problem verfehlt, dass zu geringe Angebot an Mietwohnungen. Lukas Siebenkotten, Direktor des Deutschen Mieterbundes, hingegen kritisierte im Deutschlandfunk, dass weiterhin zahlreiche Ausnahmen bestünden und die Mietpreisbremse nur in wenigen Gebieten angewendet werden kann. Die Anpassung gehe seiner Meinung zwar in die richtige Richtung, einem Wohnungssuchenden helfe er jedoch nur wenig, wenn auf eine Wohnung 50 oder mehr Bewerber kommen. 

 

Ob die Mietpreisbremse wirklich zur Anwendung kommt, darf bezweifelt werden. Deren Wirksamkeit in Baden-Württemberg wurde in einer Einzelfallentscheidung am 03.12.2018 durch das Amtsgericht Stuttgart aufgehoben, berichtete die Stuttgarter Zeitung. Ähnlich hatten zuvor Landgerichte in Bayern, Hessen und Berlin entschieden. Die "Mietpreis-bremsenverordnung Baden-Württemberg vom 29. September 2015 war mangels hinreichender Begründung (. . .) formell unwirksam“. Die Verordnung leide an einem wesentlichen Verfahrensmangel, da eine nachvollziehbare Begründung fehlt, warum manche Gemeinde aufgenommen worden ist und andere nicht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es findet noch eine Berufung zum Landgericht Stuttgart statt. 

 

Laut Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) aus dem Dezember 2018 erreicht die Mietpreisbremse bei den regulierten Wohnungen eine moderate Verlangsamung der Mietpreisdynamik. Die herangezogenen Untersuchungen zeigen zudem, dass sich der Mietanstieg in den von der Mietpreisbremse ausgenommenen Wohnungen (Erstnutzung nach dem 1.10.2014 oder Erstvermietung nach grundlegender Modernisierung) durch die Mietpreisbremse beschleunigt hat. Grundlegende Sanierung setzt einen Umfang voraus, sodass eine Gleichstellung mit Neubauten gerechtfertigt erscheint. Dies führt zu einer Freistellung von der Mietpreisbremse bei der ersten Vermietung nach der Modernisierung.

 

Hier schaft die Mietpreisbremse zwei getrennte Märkte: 1.) dauerhaft unregulierte Neubauwohnungen (Erstnutzung nach dem 01.10.2014) mit sehr hoher Mietpreisdynamik und 2.) Bestandswohnungen, deren Mieten häufig durch das Gesetz gedeckelt sind. 

 

Untersuchungen zur Einhaltung der Mietpreisbremse zeigten in Großstädten Verstoßquoten, die in Abhängigkeit der Studien i.d.R. deutlich > 50% lagen. Auch in Heidelberg scheint dies häufig der Fall zu sein. Angebote für stark nachgefragte Zweizimmerwohnungen im Bestand, z.B. in der beliebten Heidelberger Weststadt, wurden für 15 €/qm Kaltmiete angeboten. Laut Mietspiegel sollte die Miete einer solchen Wohnung (z.B. 58 qm, Balkon, Baujahr 1990, normale Qualität) bei 6,44 € Basismiete + 28% Lagezuschlag = 8,24 € liegen. Nur wenn diese Wohnung über herausragende Merkmale verfügt, die nicht im Mietspiegel berücksichtigt wurden, ist laut Mietspiegel eine Abweichung von 22% zum ermitteltem Mietpreis von 8,24 € zulässig. Das resultiert in maximal 10,05 € Nettokaltmiete und bei 10%-tiger Überschreitung der ortsüblichen Miete läge der Deckel bei 11,06 €/qm. Die geforderte Miete von 15 €/qm ist also nur zulässig, wenn der Vormieter bereits eine Miete in dieser Höhe gezahlt hat.

 

Falls der 5-jährige Geltungszeitraum der Mietpreisbremse in Baden Württemberg über den 31.10.2020 hinaus verlängert und die Steigerung der ortüblichen Vergleichsmiete politisch beschränkt wird, könnte die nachgebesserte Mietpreisbremse zu einer Verknappung des Angebots an Mietwohnungen im Bestand führen. Vermieter werden sich die Frage stellen, ob sie die Mietpreisbremse befolgen und langfristig auf Mieterhöhungen verzichten oder, ob sie ihre Mietwohnung besser zu einem hohen Preis verkaufen. Dies würde einkommensstarke Mieter in zweifacher Hinsicht bevorteilen. 1.) an sie als solvente Mieter wird das knappe Gut regulierte Wohnung bevorzugt vermietet und 2.) sie verfügen wahrscheinlich über das notwendige Eigenkapital für den Kauf einer solchen Wohnung.

 

Wenn die Mietpreisbremse dazu führt, dass weniger Wohnungen gebaut werden, wird sich die Situation für einkommensschwache Mieter, die eine neue Wohnung suchen, weiter verschlechtern. Um das Problem des Wohnungsmangels und steigender Mieten grundsätzlich zu lösen, hilft nur das Bauen von neuen Wohnungen am Ort der Nachfrage. Dazu müssen ausgewählte Marktsegmente (sozialer Wohnungsbau) und einzelne Marktteilnehmer durch den massiven Einsatz von Steuermitteln gefördert werden. Diese Mittel könnten zum Teil von anderen Stellen des boomenden Wohnungsmarktes abgeschöpft werden. 

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