Die größte Zusatzversorgungskasse in Deutschland, die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) hat zum 1. Juni 2016 den Garantiezins für freiwillige Zusatzversicherungen (Riester-Vertrag oder sozialabgabenfreie Betriebsrente) gesenkt. Anstelle von 1,75% gibt es jetzt noch konkurrenzlos niedrige 0,25%. In der Süddeutschen Zeitung vom 21.06.2016 kommentiert Finanzmathematiker Werner Siepe: "ein solcher Vertrag lohnt sich nicht". Im Vergleich zu 2011 sinkt die Zusatzrente, die ein 37 Jahre alter Angestellter erhält, um 70%, wenn er bis zur Rente mit 67 monatlich 175 € einzahlt.
Nicht nur die VBL, die sowohl im Umlage- (VBL klassik) als auch im Kapitaldeckungs-Verfahren (VBL extra und dynamik) agiert, sondern auch andere Pensionkassen und Versorgungswerke leiden unter der anhaltenden Niedrigzinsphase und der stetig steigenden Lebenserwartung.
Pensionskassen fangen an ihren Rechnungszins abzusenken. Dies gilt z.B. für die BVV, eine große Pensionskasse der Bankbeschäftigten, bei denen für zwei Drittel der Beiträge ein Rechnungszins von 4% vereinbahrt wurde. Zukünftig soll dieser Zins reduziert werden, sodass Zuwendungen ab dem 01.07.2017 um 24% sinken. Besonders stark fällt die Kürzung bei der Neue Leben Pensionskasse aus. Hier fällt der Garantiezins von 3,25% auf 1,25% für künftige Beiträge ab 2017.
Für die 1,9 Millionen Pflichtversichteren der VBL gilt diese Absenkung des Garantiezins nicht. Bei der Pflichtversicherung VBL klassik handelt es sich um eine umlagefinanzierte Zusatzrente, die Arbeitgeber und Arbeitnehmen zu unterschiedlichen Teilen finanzieren. Bei der Berechnung der Zusatzrente wird ab 2002 ein Punktesystem verwendet, das sich am Bruttogehalt und Altersfaktoren, orientiert. In den Altersfaktoren ist ein Rechnungszins von 3,25% für die Anwartschaftsphase und 5,25% für die Rentenphase eingerechnet. Nach Rentenbezugsbeginn erhöht sich die monatliche Rente um 1%/Jahr.
Anstelle einer Anpassung der Altersfaktoren, was einer Absenkung des Rechnungszins entsprechen würde, steigen bei der VBL klassik die Arbeitnehmer-Umlage auf 1,71% (ab 01.07.2016 im Tarifgebiet-West) und die Arbeitgeber-Umlage auf max. 6,45%. Auf diese Arbeitgeber-Umlage müssen die Arbeitnehmer noch ihren Beitrag zur Sozialversicherung zahlen (rund 0,9 %), sodass ihre Beiträge zur Zusatzrente bei gut 2,5% des Bruttolohns liegen. Ab dem 01.07.2017 steigt die Arbeitnehmer-Umlage um weitere 0,1% auf 1,81% an.
Auch die Versorgungswerke der selbständigen Berufe leiden unter den Niedrigzinsen. So musste die Apothekerversorgung Schleswig-Holstein den Rechnungszins von 3,65 auf 2,0% für zukünftige Beitrage senken. Betroffen sind vor allen jüngere Mitglieder und Ältere erhielten für ihre bereits eingezahlten Beiträge einen Bestandsschutz. Andere Versorgungswerke der Apotheker wie Niedersachsen und Berlin konnten ihren Rechnungszins bei 4% halten und Überschüsse in die Rücklagen einstellen.
Im Vergleich zu Versicherern, die das Kundengeld zu mehr als 85 Prozent in festverzinslichen Papieren anlegen, investieren Versorgungswerke bis zu 40 % der Beiträge in Realwerte (Aktien, Beteiligungen, Immobilien und Infrastrukturinvestitionen), was höhere Renditen bei Niedrigzinsen erlaubt. Weiterhin können Pflichtmitglieder ihre Versorgungswerke nicht verlassen, sodass trotz Niedrigzinsen, Versorgungswerke höhere Garantieleistungen als klassisiche Versicherer bieten.