Wie kann man die Rentenversicherung fit für die Zukunft machen? Damit beschäftigt sich die von der Bundesregierung zum 06.06.2018 einberufene Rentenkommission.
Aus heutiger Sicht steht die gesetzliche Rente gut da, mit hohem Beitragsaufkommen durch die geburtenstarken Babyboomer und guter Wirtschaftslage. Dazu kommen hohe Steuerzuschüsse, von denen 2018 direkt 70 MRD Euro in die Rentenkasse fließen, bei 302 MRD Euro Gesamteinnahmen der Rentenversicherung. Schon bald, im Jahr 2021, soll der gesamte Steuerzuschuss zur Rente die 100 MRD Grenze überschreiten, wie die Wirtschaftswoche am 04.12.2017 berichtete. Aufgrund des hohen Beitragsaufkommens ist der aktuelle Beitragssatz in 2018 mit 18,6% niedrig und das Rentenniveau erreicht 48% des Nettogehalts (vor Steuern, die bei einem Durchschnittsrentner jedoch niedrig ausfallen).
Schlecht sieht es für Bezieher sehr niedriger Einkommen und Menschen mit gebrochenen Erwerbsbiographien aus. Wer 50 Jahre für den Mindestlohn von 8,84 €/Stunde arbeiten wird, kann laut Berechnung des Focus eine monatliche Rente von 784 € erwarten, von der noch 11% Kranken- und Pflege-versicherung abgehen.
Bis 2025 hat die Bundesregierung eine doppelte Haltelinie versprochen: die Rentenbeiträge steigen nicht über 20% und das Rentenniveau fällt nicht unter 48%. Doch laut Berechnungen des Rentenökonoms Alex Börsch-Supan hält diese Linie nur bis 2023, wie er in der Süddeutschen Zeitung vom 27.04.2018 schreibt. Da die Reserven der Renten- versicherung dann aufgebraucht sind, müssten Steuermittel im Umfang von knapp elf MRD Euro eingesetzt werden. Wenn man dieses Versprechen fortsetzt, würden jährlich 45 MRD Euro bis 2030 und 80 MRD Euro bis 2035 fällig. Um solch drastische Steuerzuschüsse zu vermeiden, fordert Börsch-Supan ein Zusammenspiel von Maßnahmen:
- Erhöhung des Renteneintrittsalters,
- Anhebung des Beitragssatzes,
- Anhebung des steuerfinanzierten Bundeszuschusses,
- langsamere Anpassung der Renten an die Löhne.
In jedem Fall wird die Situation schwierig, wenn die geburtenstarken Jahrgänge der späten 1950er und 1960er Jahre in Rente gehen. Dann ist mit sinkenden Steuereinnahmen, weniger Rentenbeiträgen und 25% mehr Rentnern zu rechnen. Daher scheint die Anhebung des Renteneintrittsalters - langfristig auch über 67 Jahre hinaus - unausweichlich.
Eine Studie der Universität Wuppertal aus dem Jahr 2011 ergab jedoch, dass nur wenige der Babyboomer bis 65 und länger arbeiten wollen. Ob die Bereitschaft zur längeren Arbeit ansteigt, wird gerade untersucht und ist eine politisch sehr umstrittene Frage.
Selbst wenn die positiven Trends der Bevölkerungs-entwicklung - mit Zuwanderung und steigenden Geburtenzahlen - anhalten sollte, werden sich die öffentlichen Ausgaben für Alterssicherung, Gesundheit, Pflege und Grundsicherung sowie für Bildung und Familien von aktuell knapp 27 auf 31 Prozent des Bruttoinlandprodukts in 2040 steigern, wie eine Studie der Bertelsmannstiftung vom 01.06.2018 zeigte. Dann werden die Ausgaben für die Sozialversicherungen von heute 40 Prozent bis 2080 auf 55 Prozent der Einkommen steigen. Ohne die aktuell positiven Trends der Bevölkerungsentwicklung droht sogar ein Beitragssatz von 65 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens. Diese Zahlen verdeutlichen, dass Reformen der Sozialversicherungen - einschließlich der Rente - zwingend notwendig sind.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft und das Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos schlagen eine schrittweise Einführung der Rente mit 69 vor, wie Dorothea Siems in der Welt vom 06.06.2018 schreibt. Nachdem 2029 die Altersgrenze auf 67 Jahre gestiegen ist, soll sich der Renteneintritt weiter hinausschieben, sodass Ende der 2040er-Jahre eine Regelaltersgrenze von 69 Jahren erreicht wird. In einem solchen Szenario sind jedoch Lösung für körperlich und mental fordernde Berufe notwendig, um nichtverhältnismäßige Rentenkürzungen für die von Arbeitsunfähigkeit betroffenen Menschen zu vermeiden.
Wenn die Verlängerung der Arbeitszeit in der Bevölkerung nicht ausreichend akzeptiert wird, können Maßnahmen zur Steigerung der Erwerbsquote sowie eine Verbesserung der Einnahmeseite bei der Lösung der Probleme helfen. Hierzu zählen die Aufgabe der Beitragsbemessungsgrenzen von Renten- und Krankenversicherung sowie die Verbreiterung der beitragspflichtigen Einkommensarten. Wenn gleichzeitig die maximal erreichbare Rentenhöhe - unter Aufgabe des Äquivalenzprinzip - gedeckelt wird, könnte ein armutssicheres und sozialgerechtes Rentensystem entstehen.
Was folgt daraus für den Einzelnen? Aufgrund der momentan günstigen Verhältnisse von Beitragshöhe und Renten-ansprüchen, lohnen sich freiwillige Beitragszahlungen zur gesetzlichen Rentenversicherung für die rentennahen Jahrgänge.
Für jüngere Jahrgänge sind die Perspektiven der Renten- und Steuersysteme in Deutschland weniger verlockend. Aufgrund der vielen Wahlgeschenke - für die große Gruppe der älteren Wähler - sind zukunftsfeste Reformen kaum absehbar. Schlimmer noch: bereits verabschiedete Reformen werden wie bei der Rente mit 63 auf Kosten der Beitragszahler zurückgenommen oder wie bei der Mütterrente als neue Belastungen draufgesattelt. Jüngere müssen mit steigenden Abgaben als auch mit Rentenkürzungen rechnen. Daher fordern Initiativen mehr Generationengerechtigkeit wie z.B. die Initiative "Die Jungen Unternehmer" in ihrem Positionspapier.
Aus meiner Sicht sollten die Jungen in eine gute Ausbildung investieren und mit guten Beschäftigungsperspektiven rechnen. Diese Perspektiven werden durch den Beginn des Ausscheidens der zahlreichen Babyboomer aus dem Arbeitsmarkt ab den 2020 Jahren und den jetzt schon einsetzenden Fachkräftemangel unterstützt.
Gute Verdienstperspektiven sollten für den Aufbau von eigenem Vermögen genutz werden, da die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rente trotz Reformen aufgrund der ungünstigen Demographie begrenzt sein wird. Vermögens-aufbau kann über den Kauf einer Wohnimmobilie erfolgen, der aber auf prosperierende Gegenden beschränkt sein sollte, um Werterhalt und Wertsteigerung zu ermöglichen. Zusätzlich ist eine positive und offene Einstellung gegenüber der Wirtschaft und seinen Unternehmen wichtig. Mithilfe einer fundierten Abschätzung von Chancen und Risiken sollten regelmäßig und langfristig Ersparnisse in Aktien von Unternehmen aus aller Welt angelegt werden.