Wer 10.000 € an Beiträgen in die gesetzliche Rentenversicherung (RV) einzahlt, erwirbt aktuell Ansprüche für 43,07 € monatliche Rente. Für Menschen, deren Rentenbezug in wenigen Jahren beginnt, ist diese Leistung - im Vergleich zu privaten Rentenversicherungen - sehr attraktiv.
Wie aus einem Artikel in der FAS vom 18.09.2016, laut Aussage des Finanzmathematikers Werner Siepe hervorgeht, liegt die Rendite der gesetzlichen RV über zwei Prozent. Voraussetzung für diese Rendite ist, dass der zukünftige Rentner 22 Jahre über den Rentenantritt hinaus noch lebt und Rente bezieht. Wird er älter, steigt die Rendite weiter an.
Da der Beitrag zur gesetzlichen Rente mit 18,7% so niedrig wie seit 25 Jahren nicht mehr ist, lohnen sich Zahlungen in die gesetzliche RV. Dies gilt zumindest für Ältere, die relativ günstige Beiträge zahlen und die Beitragsteigerungen auf über 22% nicht mehr erleben werden. Zusätzlich kann man damit rechnen, dass die jetzt zugesagte Rente, aufgrund der jährlichen Rentenerhöhungen, noch weiter steigt.
Im Rahmen der neuen Flexi-Rente kann man ab 50 freiwillig in die Rentenkasse zahlen und weitere Rentenansprüche erwerben. Diese können für den Ausgleich von Rentenkürzungen bei vorgezogenen Rentenbeginn dienen. Alternativ werden die zusätzlichen Rentenansprüche genutzt, um bei Erreichen der Regelaltersgrenze die Rente zu erhöhen. Diese Erhöhung durch freiwillige Beiträge kann auch mit einer Rentenerhöhung durch Aufschub des Rentenbezugs kombiniert und zu einem echten Rententurbo werden.
Auf Basis des aktuellen Rentenbeitrags von 18,7% ist der Erwerb von Rentenansprüchen zur Zeit relativ günstig. Private RV versprechen für 10.000 € angespartes Kapital oft nur 30 € monatliche Rente. Diese monatliche Rente, die es pro 10.000 € Kapital gibt, wird als i.d.R. als Rentenfaktor bezeichnet. Bei fairr.de, einen vom unabhängigen Verbraucherportal Finanztip empfohlenen Anbieter Fond-gebundenen Rentenversicherungen, liegt der garantierte Rentenfaktor für einen 56 Jährigen bei 32,4. Wenn es gut läuft, soll dieser Faktor auf 43 steigen. Das setzt jedoch entsprechende Überschussbeteiligungen voraus, die viele Versicherungen stark kürzen mussten.
Trotzdem fahren Jüngere, die noch 20 oder 30 Jahre bis zur Rente sparen können, mit Kapital-basierten Lösungen besser, als mit freiwilligen Zahlungen in die gesetzliche RV. Voraussetzung ist, dass nach Abzug der Kosten, die Kapital-basierte Lösung die Rendite der gesetzlichen RV übertrifft. In der Vergangenheit lag die Rendite der gesetzlichen RV bei etwa 3%. Aufgrund der demographischen Entwicklung wird diese Rendite jedoch sinken.
Eine Möglichkeit der Kapital-basierten Lösungen sind Fondsgebundene Rentenversicherungen. Aufgrund der hohen Kosten von Rentenversicherungen empfielt Finanztip ausschließlich Netto-Policen, die ETFs (Exchange Traded Funds) im Angebot haben und keine Abschlusskosten beinhalten. Netto-Policen werden von Honorarberatern angeboten und der Kunde bezahlt direkt den Berater. Alternativ zur Versicherungslösung eröffnet man ein Depotkonto und organisiert den Kauf von Wertpapieren selbstständig.
Bleibt die Frage, ob der Abschluss einer Rentenversicherung, die bis ans Lebensende die Zahlung einer Rente verspricht, sinnvoll ist. Bei der Beantwortung dieser Frage spielt das individuelle Langlebigkeitsrisiko eine wichtige Rolle. Es bezeichnet das Risiko jeder einzelnen Person, dass ihre Einnahmen und Ersparnisse im Alter nicht reichen.
Wie alt werde ich und wie lange muss dann mein zu Rentenbeginn angespartes Kapital reichen? Hier lohnt sich ein Blick in die Daten der Sterbetafel 2012/2014 vom Statistischen Bundesamt: Ein heute 60 Jahre alter Mann wird durchschnittlich noch 21,51 weitere Jahre leben. Bei einer gleichaltrigen Frau steigt diese Zeit auf 25,19 Jahre. Anders ausgedrückt 12% der heute 60-jährigen Männer und 15% der 60-jährigen Frauen können ihren 95. Geburtstag noch feiern. Da die Schätzungen des Statistischen Bundesamts bei der Lebenserwartung in der Vergangenheit regelmäßig zu niedrig lagen, ist es für die Ruhestandsplanung ratsam hier noch ein paar Jahre aufzuschlagen. Dies gilt besonders für gesunde Nichtraucher mit sehr alten Menschen in der Verwandtschaft.
Um das individuelle Langlebigkeitsrisiko abzupuffern, sollte bei Renteneintritt für mindestens 30 Jahre Geld vorhanden sein. Wer eine Brutto-Monatsrente von 3.000 € wünscht und keine Rentenansprüche erworben hat, benötigt zu Rentenbeginn Kapital von mehr als einer Million Euro (3.000 € x 12 Monate x 30 Jahre = 1.080.000 €). Dies trifft zu, wenn die Nachsteuerrendite des Kapitals während des Rentenbezugs die Inflation ausgleicht. Damit bleibt die Kaufkraft der monatlichen Rente erhalten. Um während des Rentenbezugs eine bessere Rendite als die Inflation zu erzielen, braucht es bei niedrigen Zinsen risikoaffine Anlagestrategien, die zum Teil auf Aktien basieren.
Da die meisten Menschen beim Rentenbeginn nicht über eine Million Euro verfügen, spielen erworbene Rentenansprüche, die bis zum Tod gezahlt werden, bei solider Ruhestandsplanung eine wichtige Rolle. Diese sollten den monatlichen Mindestbedarf decken und mit Kapitalanlagen gemixt werden. Da die Erträge der klassischen RV durch die Nullzinspolitik stark belastet sind, glänzt die umlagefinanzierte gesetzliche RV und die Zahlung von freiwilligen Beiträge kann sich lohnen.